Bundesgerichtshof entscheidet zu Social-Media-Werbekennzeichnungen
Der Bundesgerichtshof hat am 9. September 2021 ein Urteil mit grundsätzlicher Bedeutung für das Influencer- und Social-Media-Marketing gefasst. Dabei geht es um die zentrale Frage: Soll es Influencer:innen weiterhin erlaubt sein, bei Instagram Produktempfehlungen mit Links zu Anbieter:innen zu versehen, ohne diese als Werbung zu kennzeichnen?
WORIN BESTEHT DIE ANKLAGE GEGEN DIE INFLUENCERINNEN?
Influencer:innen betreiben unzulässige Schleichwerbung. So lautet die Anklage des Verbands Sozialer Wettbewerb, der laut Selbstdefinition "auf dem für die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft außerordentlich wichtigen Gebiet der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sowie der Wirtschaftskriminalität sehr erfolgreich tätig" ist. Der Verband Sozialer Wettbewerb fordert konkret gegen die Lifestyle-Influencerin Cathy Hummels, die Fashion-Influencerin Leonie Hanne und die Fitness-Influencerin Luisa-Maxime Huss Unterlassung sowie die Abmahnkosten. Aber auch zahlreiche weitere Influencer:innen wurden wegen der Setzung von Tap Tags, also Weiterleitungen auf Firmenaccounts in ihren Posts, abgemahnt. Diese sieht der Verband Sozialer Wettbewerb als unzulässige Mischung privater Mitteilungen und Werbung und daher als Verbrauchertäuschung. Künftig sollen mit Tap Tags versehene Posts somit als Werbung gekennzeichnet werden.
WIE ARGUMENTIERT DIE VERTEIDIGUNG VOR GERICHT?
Bisher waren die Meinungen der Richter:innen und damit auch die Urteile darüber, ob mit der Verlinkung von Tap Tags die Grenze zur Werbung überschritten sei, ziemlich unterschiedlich. Teils siegten die drei beklagten Influencerinnen, teils der Verband Sozialer Wettbewerb in den Vorinstanzen. Hummels, Hanne und Huss betonten ausdrücklich, dass bezahlte Werbung als solche gekennzeichnet werden muss, Tap Tags aber der Transparenz gegenüber ihren Follower:innen dienen, die somit leichter auf entsprechende Produktseiten gelangen können. Nun lag die Entscheidung hierüber beim obersten deutschen Zivilgericht.
WIE LAUTET DER URTEILSSPRUCH DES BGH?
Der BGH entschied, dass die mit Tap Tags versehenen Instagram-Posts der beklagten Influencerinnen als geschäftliche Handlungen zu ihren eigenen Gunsten und teils auch zum Vorteil der jeweiligen fremden Unternehmen zu betrachten sind. Influencer:innen als Unternehmer steigern ihre Bekanntheit und ihren Werbewert durch die Veröffentlichung dieser Posts. Ein Vorteil für Fremdunternehmen entsteht allerdings nur, wenn eine Gegenleistung erfolgt, oder wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck zu sehr wie Werbung wirkt – etwa, weil er ohne kritische Distanz nur die Vorzüge des Produkts eines Unternehmens so hervorhebt, dass der Rahmen einer sachlichen Information verlassen wird.
Dass ein Bild mit Tap Tags versehen ist, reicht hierfür aber in den meisten Fällen nicht aus – im Gegensatz zu einer Verlinkung auf zur Website des Herstellenden. Für die Verbraucher:innen muss dabei der Zweck eines Beitrags mit dem Gesamteindruck Werbung, ein fremdes Unternehmen zu fördern, erkennbar sein. Andernfalls könnte es ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.
WAS BEDEUTET DAS URTEIL FÜR INFLUENCER-MARKETING?
Influencer:innen müssen also nur dann einen Werbehinweis platzieren, wenn es wirklich werblich wird. Dass ein Tag auf das Profil einer Marke gesetzt wird bedeutet aber nicht automatisch, dass der Post als Werbung gekennzeichnet werden muss. Hier ist eine Abwägung je nach Sachlage nötig. Wenn die Page des Herstellenden verlinkt oder eine Gegenleistung erbracht wird ist dies allerdings der Fall. Somit gilt für die Zukunft: Vorsicht bei zu einseitig positiven Darstellungen – der Grat zur Werbung ist schmal!
Bei weiteren Fragen zu diesem und anderen Themen können Sie sich gerne an die Expert:innen unserer Social-Media-Agentur wenden.